Wo ist Anne Frank?

Das Tagebuch der Anne Frank” ist eines der bekanntesten Bücher weltweit, wenn es um die Themen nationalsozialistische Herrschaft, Unterdrückung von und Gewalt gegen Juden sowie Antisemitismus geht. Eine absolute Pflichtlektüre, die man einfach gelesen haben MUSS!

Umso interessanter sind die Anne-Frank-Neuinterpretationen von Ari Folman, der es schafft, die Geschichte des jüdischen Mädchens in Amsterdam in eine moderne Graphic Novel zu übertragen und damit den Leser*innen einen neuen Zugang zu der Geschichte zu ermöglichen. Bereits die Graphic Novel “Das Tagebuch der Anne Frank” von Folman, die sich am Originaltext von Anne Franks Tagebuch orientiert, war ein gelungener Erfolg.

Mit der Idee, Anne Franks Geschichte mit der Graphic Novel “Wo ist Anne Frank?” weiterzuführen und in die Gegenwart zu holen, schafft es Folman, einen Bezug zwischen Anne Franks Geschichte und den heute immer stärker werdenden Hass und die stattfindenden Angriffe auf Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Religion oder Hautfarbe herzustellen.

“Wo ist Anne Frank? Eine Graphic Novel” von Ari Folman und Lena Guberman (Illustrationen), übersetzt aus dem Hebräischen von Klaus Timmermann und Ulrike Wasel. Erschienen 2022 in den S. Fischer Verlagen. 160 S., ab 14 Jahren.

Wer Anne Franks Tagebuch kennt, muss dieses Buch auch kennenlernen.

Die Graphic Novel beginnt im Anne-Frank-Haus in Amsterdam, “heute in einem Jahr” und weist den Lesenden gleich zu Beginn daraufhin, dass diese Geschichte eine immerwährende Aktualität hat. Durch ein Naturereignis entspringt Kitty, Anne Franks imaginäre Tagebuchfreundin, dem in einer Glasvitrine ausgestellten Tagebuch. Im Anne-Frank-Haus ist sie unsichtbar, doch als sie mit dem Tagebuch das Haus verlässt, wird sie sichtbar und zu einer realen Person, die aber droht zu sterben, sobald sie sich zu weit von dem Tagebuch, das mit ihrer Existenz verbunden ist, entfernt.

Kitty ist verwirrt, da sie Anne nirgendwo entdecken kann und macht sich im Museum auf der Suche nach ihr. Sie taucht durch das Lesen im Tagebuch und ihren Erinnerungen immer wieder in die Vergangenheit ein, blickt zurück und kann dadurch auch imaginäre Gespräche mit der schon lange verstorbenen Anne führen. Als Kitty das Anne-Frank-Haus mit dem Tagebuch verlässt, jetzt sichtbar für ihre Umgebung, wird sie, selber auf der Suche nach Anne, zur Verfolgten. Denn Anne Franks Tagebuch soll als wichtiges Kulturgut unbedingt wieder zurück ins Museum.

Als sich Kitty mit Peter, einem Jugendlichen am Rande der Gesellschaft, und einer Gruppe von Kindern, teilweise geflüchtet aus Ländern, in den Krieg und Gewalt herrscht, zusammentut, erfährt sie nicht nur unglaubliche Unterstützung, sondern auch, wie mit Menschen heute noch umgegangen wird: Sie waren nicht nur in ihren Heimatländern Terror ausgesetzt, sondern werden auch in Europa ausgegrenzt und schlecht behandelt. Hierin zeigt sich das widersprüchliche Verhalten der Menschen: Sie tun alles dafür, Anne Franks Tagebuch wiederzubekommen, benennen Gebäude nach ihr, aber scheinen keine Lehren aus dem Schicksal von Anne gezogen zu haben, sondern wiederholen mit ihren Vorgehensweisen menschenunwürdiges Verhalten, dass auch im Nationalsozialismus zu so viel Hass und dem Tod vieler Unschuldiger geführt hat.

Hochaktuell – gestern und heute!

Fantastische Elemente sowie die immerwährende Aktualität von Hass und Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt werden in Text und Bild gekonnt mit dem Schicksal Anne Franks verknüpft, so dass damit auch allen Holocaust-Opfer gedacht wird. Die Gräueltaten der Nationalsozialisten vor und während des 2. Weltkrieges, die hier Erwähnung finden, stehen dabei im Gegensatz zur engen Freundschaft von Anne und Kitty und der Lebendigkeit und Willensstärke, die Kitty versprüht.

Die Kommerzialisierung und übermäßige Verehrung Anne Franks wird dabei scharf kritisiert, denn scheinbar sind ihr Name und ihre Gegenstände wichtiger, als sich die Botschaft, die uns Anne Frank uns mit ihrem Tagebuch hinterlassen hat, zu Herzen zu nehmen.

Mit dem Zitat von Ari Folman aus dem Nachwort dieses Buches möchte ich diese Buchvorstellung beenden, denn viel bessere Worte wie diese könnte ich nicht finden: “Diese Botschaft ist immer und überall gültig: Ein Kind, das in einem Kriegsgebiet lebt, muss um jeden Preis gerettet werde, ohne Rücksicht auf seine religiöse, nationale oder ethnische Identität. Wie Kitty am Ende unserer Geschichte sagt: ‘Tut, was ihr könnt, um eine einzige Seele vor Unheil zu bewahren. Schon eine einzige Seele, eine einzige Kinderseele ist so viel wert wie ein ganzes Leben.’”

Großartig gemacht: Anne Frank in die heutige Zeit geholt!

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Vielen Dank, liebe S. Fischer Verlage, für dieses beeindruckende Rezensionsexemplar – Werbung (Markennennung), unbezahlt und unbeauftragt

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