Ich habe mich überraschen lassen von diesem Buch – halb Bilder-, halb Kinderbuch – und komme aus der Begeisterung nicht mehr heraus. Denn zum einen kann ich mich an den fantasievollen Illustrationen nicht sattsehen, zum anderen hat mich die Geschichte total in ihren Bann gezogen. Und allen Kindern, denen ich dieses Buch gezeigt und vorgelesen habe, geht es ganz genauso. Zu guter Letzt, kann ich das Buch ganz vielseitig im Unterricht einsetzen. Ein Lieblingsbuch also, auf ganzer Linie und mehreren Ebenen.
„Das kleine gelbe Haus“ von Leo Hoffmann und Claudia Burmeister (Illustrationen). Erschienen 2022 im Verlag Freies Geistesleben. 112 S., ab 7 Jahre (oder auch früher).
Ein kleines gelbes Haus, irgendwo auf dem Land, ist glücklich und zufrieden – mit seinem Zuhause und seiner Umgebung, mit den Bewohner*innen und Tieren und Pflanzen drumherum. Doch die Familie, die im Haus wohnt, ist unzufrieden, schimpft und kann die besonderen Eigenheiten der Umgebung und schönen Momente nicht genießen – sie sieht nur das Negative und diese Stimmung überträgt sich irgendwann auch auf das kleine gelbe Haus.
Niedergeschlagen beschließt es auszuziehen. Es packt sein Dach, klappt die Läden zu, kappt die Verbindungen, hebelt sein Fundament aus dem Boden und zieht los – auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Voller Neugierde und Mut möchte das kleine gelbe Haus ganz selbstbestimmt einen Ort finden, an dem es sich wohl fühlt, gebraucht wird und Wertschätzung erfährt. Und so gelangt es in verschiedene Landschaften und Lebensräume: in den Wald, einen See, in die Wüste, auf Berge und in die Stadt.
Die Suche nach einem eigenen Zuhause – poetisch und fantasievoll umgesetzt
An jedem neuen Ort ist das kleine gelbe Haus zufrieden und kann die Besonderheiten und Schönheit der Umgebung schätzen und genießen, bemerkt aber auch die Nachteile seines neuen Zuhauses. Und zieht, nachdem es wieder einmal feststellen musste, das etwas nicht passt, weiter – voller Optimismus doch noch seinen Platz zu entdecken. So bekommen wir einen Einblick in die Gefühle und Wünsche, Gedanken und Sehnsüchte des kleinen Hauses und erfahren damit auch, warum es immer weiterzieht.
Die in Erd- und Blautönen gehaltenen eindrucksvollen Illustrationen versprühen dabei eine wärmende und wohlige Atmosphäre, die fantastisch und märchenhaft anmutet. Mit dem kleinen gelben Haus und seinen Räumen als dauerhaftem Bezugspunkt der poetischen Illustrationen, das nicht nur seine Proportionen, sondern auch sein Aussehen auf seiner Reise wandelt, erlebt man mit dem Auge die Veränderung, die das Haus durchlebt, kann seine Gefühle optisch nachempfinden und ganz in die verschiedenen Orte eintauchen, an denen sich das Haus befindet.
Auch sprachlich hat dieses wunderbare Buch einiges zu bieten: Von Metaphern und Analogien über kleine Reime und Alliterationen bis hin zu wundervollen Lautmalereien ist vieles dabei, was mit Worten, Sätzen, Klängen und Vorstellungen spielen lässt.
Für den vielfältigen Einsatz im Unterricht genau das Richtige.
Ein Haus, eigentlich ein Zuhause für jemanden, das selber auf der Suche nach einem Zuhause ist, ist eine interessante und philosophische Perspektive, die zum Nachdenken, Reden und auch gemeinsamen Philosophieren anregt – zu Hause oder auch in Kindergärten und Schulen.
Hier kommen einige Anregungen, welche Ideen man, inspiriert durch das Buch, im Unterricht umsetzen kann:
DEUTSCH
- Über das eigene Zuhause eine Geschichte schreiben
- Adjektive und Verben sammeln
- Schöne Wortspiele zusammentragen
- Abschnitte dialogisch darstellen
- Ein neues Ende für die Geschichte erfinden
- Über neues Abenteuer des kleinen gelben Hauses in anderen Lebensräumen schreiben
- Einen Absatz mit der Methode des generativen Schreibens verändern
- Das kleine gelbe Haus, Figuren oder Landschaften charakterisieren
- Steckbrief über das Haus, die Figuren oder Landschaften, alternativ über das Buch selbst erstellen
- Etwas über die Autorin und Illustratorin herausfinden
- Das Buch szenisch bzw. als Theaterstück darstellen
SACHUNTERRICHT
- Die verschiedenen Lebensräume, die das kleine gelbe Haus bewohnt, näher kennenlernen, z.B. klimatische Eigenheiten der Lebensräume, Pflanzen und Tierwelt
- Übers Bauen, Bauwerke und die Möglichkeit sprechen, wie sich Baueerke unter verschiedenen klimatischen Bedingungen und in unterschiedlichen Umgebungen verhalten und verändern
- Bauweisen in verschiedenen Regionen erkunden
- Regionen auf dem Globus oder im Atlas finden
- Eigene (Wunsch)Reiseziele finden und beschreiben
ETHIK
- Über den Begriff „Zuhause“ sprechen und z.B. Plakate oder ein Lapbook erstellen
- Philosophieren über das Besondere und Gute, aber auch Negative an verschiedenen Orten oder in unterschiedlichen Situationen (die zwei Seiten einer Medaille)
- Über das Zusammenleben, Wertschätzung, Achtung, Kompromisse und wie sich jeder wohlfühlen kann sprechen
- Überlegen, wie man Negatives auch anders betrachten kann (Achtsamkeit, Wertschätzung, Optimismus)
- Aufmerksam machen darauf, dass man wie das kleine gelbe Haus auf seine eigenen Bedürfnisse hören darf und sie beachten sollte (Selbstbestimmung und die eigenen Gefühle sind wichtig)
- Mutig sein und Neues zu probieren thematisieren
- Themen wie „vom Suchen und Ankommen“, „Flucht und Migration“, „Achtsamkeit“ oder „Glück“ können passen
KUNST
- Das kleine gelbe Haus oder eigene besondere Häuser basteln
- Die bewohnten Lebensräume des Hauses malen oder basteln
- Das Haus in einem der Lebensräume in einem Schuhkarton darstellen
- Bewegung (des Hauses, des Wassers, der Wüste, der Autos) malen
- Den Titel des Buches oder einzelne Figuren per Drucktechnik darstellen
- Das eigene Zuhause in einem Wunsch-Lebensraum illustrieren
Ein Buch zum Verlieben!
Dieses zauberhafte Buch, das so viele verschiedene Themen anspricht, ist ein Buch zum Vorlesen, Liebhaben, Immer-wieder-hineingucken, Träumen. Ein Buch für Kleine und Große, für Optimisten und Pessimisten und alle, die ihren Platz noch suchen. Oder auch schon gefunden haben.
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Danke, lieber Verlag Freies Geistesleben, für dieses wundervolle Rezensionsexemplar – Werbung (Markennennung), unbezahlt und unbeauftragt
