So schön und unbeschwert der Sommer auch sein mag: Das Leben mit all seinen Facetten – den schönen und leichten, schweren und nachdenklichen – geht weiter. So wie sich auch die Erde immer weiter um die Sonne dreht. Wer ein berührendes Ferienbuch sucht, dass einen mit seiner nachdenklichen Art und gleichzeitigen Heiterkeit in seine Umlaufbahn zieht, der sollte zu diesem außergewöhnlichen Buch greifen:
„Himmelwärts“ von Karen Köhler und Bea Davies (Illustrationen). Erschienen 2024 im Hanser Verlag. 192 S., ab 10 Jahren.
Toni, 10 Jahre, vermisst ihre Mutter – sehr sogar. Doch ihre Mutter ist vor kurzem gestorben und die Sehnsucht nach ihr deshalb so grenzenlos wie das Universum selbst. Deshalb hecken Toni und ihr besten Freundin Yum Yum einen ausgeklügelten Plan aus: Sie möchten während einer Übernachtung im Zelt mit ihrem selbst gebauten kosmischen Radiogerät Kontakt zu Tonis Mutter aufzunehmen. Denn irgendwo muss sie doch noch sein: Ihr Energie und ihre Lebenskraft.
Doch statt der Stimme von Tonis Mutter vernehmen sie plötzlich die einer anderen Person: Völlig überraschend haben sie mit Zanna Kontakt aufgenommen, einer Astronautin, die auf der ISS die Erde umrundet und alle 80 Minuten während eine kurzes Zeitfenster mit den beiden Mädchen sprechen kann.
Die Gespräche der beiden Mädchen im Zelt mit der Astronautin hoch oben im All drehen sich um Zannas Leben in der Weltraumstation, dem Tod von Tonis Mutter und ihre Gefühle sowie philosophische Fragen rund um das Leben, den Tod und das Universum selbst. So entsteht zwischen Toni und Zanna, trotz der räumlichen und (zunächst) persönlichen Distanz, mehr Nähe und Offenheit als es aktuell zwischen dem Mädchen ihrem Vater gibt, der in seiner Trauer gefangen zu sein scheint.
Toni vermisst ihre verstorbene Mutter und will Kontakt zu ihr aufnehmen – doch plötzlich ist da eine fremde Stimme…
Durch die Gespräche mit Zanna kann Toni im Laufe der Geschichte die Trauer um ihre Mutter endlich zulassen – so beginnt letztendlich auch ein neuer Lebensabschnitt für sie: Einer ohne ihre Mutter, aber der Möglichkeit, die Trauer nun in ihr Leben zu integrieren. So vereint die Geschichte scheinbare Widersprüche, die doch so eng zusammen gehören: Leben und Tod, Distanz und Nähe, Angst und Mut, tiefe Trauer und unbändige Lebenslust.
Einfach gehaltene und trotzdem so lebendige Dialoge, geschildert in der Ich-Form, erzählen von einer besonderen Nacht voller interessanter Fragen und Einblicke, persönlicher Gedanken und Gefühle, die durch Einträge aus Tonis Notizbuch ergänzt werden. Diese bestehen aus Berichten und Erinnerungen an die Zeit mit ihrer Mutter und geben einen Einblick in Tonis Gedanken- und Gefühlsleben.
Die Illustrationen in Orange-Rot, Dunkelblau und Türkis sind mal reduziert, mal ungeordnet gestaltet und spiegeln Tonis Gefühlschaos sowie die philosophischen Dialoge und Gedanken der Protagonistinnen wider. Das lautmalerische Spiel mit der Sprache wird ebenfalls bildlich aufgegriffen und gekonnt in die Illustrationen integriert. Magisch-galaktisch wirkt die Farbwahl, die auch genutzt wird, um die Einträge aus Tonis Notizbuch vom restlichen Text leichter unterscheiden zu können. Als Überschriften der Kapitel wurde in Anlehnung an die Themen Universum und Raumfahrt ein Countdown gewählt – eine geschickte Metapher dafür, dass am Ende der Geschichte für Toni ein neues Kapitel beginnt.
Ein unglaublich berührender Roman voller Wärme und Leichtigkeit, Leben und Sehnsucht, der zum Nachdenken anregt. Aber vor allem dazu, das Leben in all seiner Faszination, mit all seinen Aspekten und trotz aller Rückschläge, die man erfahren kann, in vollen Zügen zu genießen!
Ausgezeichnet mit dem LUCHS im Februar 2024 sowie Deutschlandfunk-Bestenliste „Die besten 7“.
Eine Geschichte über tiefe Trauer, Lebenslust und existenzielle Fragen des Lebens.
Danke, lieber Hanser Verlag, für dieses bereichernde Rezensionsexemplar – Werbung (Markennennung), unbezahlt und unbeauftragt
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