Steffis „Leseleckerbissen“ im November ist
„Die kleine Zikade und der alte Ochs“
Herzlichen Glückwunsch, Cao Wenxuan, Britta Teckentrup und Nicola T. Stuart sowie dem Verlagshaus Jacoby & Stuart!
Jeden pro Monat prämiert jede von uns ein besonders herausragendes Buch mit dem „Leseleckerbissen“ – einer kleinen Auszeichnung, mit der wir nicht nur unsere Leser*innen, sondern auch die Autor*innen und Illustrator*innen sowie Verlage überraschen möchten. Und übrigens auch uns gegenseitig, denn keiner von uns beiden weiß vorab etwas von dem wunderbaren Buch, dass die andere sich als Leseleckerbissen des Monats ausgesucht hat.
Mein Leseleckerbissen im November ist ein Bilderbuch, das Hoffnung schenkt und gleichzeitig zu Tränen rührt – die lyrische Geschichte, die von den beeindruckenden Illustrationen ideal unterstrichen wird, erzählt auf leise, sanftmütige Weise vom Kreislauf der Natur und des Lebens, vom Hinschauen, Lautwerden und Sich-kümmern, von tiefer Dankbarkeit, und unverbrüchlicher Freundschaft, Hingabe und Treue – selbst über den Tod hinaus. So ist dem Autor und der Illustratorin ein meisterhaftes Werk gelungen, dass sprachlich und künstlerisch überzeugt. Und dabei tief zu Herzen geht.
“Die kleine Zikade und der alte Ochs” von Cao Wenxuan und Britta Teckentrup (Illustrationen), übersetzt aus dem Chinesischen von Nicola T. Stuart. Erschienen 2023 im Jacoby & Stuart Verlag. 48 S., ab 4 Jahre.
Die Geschichte beginnt unaufgeregt und bleibt auch im weiteren Verlauf der gleichförmigen, ruhigen Erzählweise treu: Auf seinem Weg zu einer saftigen grünen Wiese wird der alte Ochs plötzlich von einer kleinen Zikade von einem Feuer am Berg gewarnt, das er selbst nicht wahrnimmt. Unverdrossen und völlig unbeeindruckt von den stetigen Bemühungen der Zikade, dem alten Ochsen das Leben vor der Feuersbrunst zu retten, trottet der alte Ochs einfach weiter, während die Zikade verzweifelt: Wie kann sie als kleines Lebewesen ein so großes starkes Tier umstimmen und es damit beschützen? Mit Pfiffigkeit, vollem Körpereinsatz und unter Lebensgefahr gelingt es der Zikade, den Ochs zu retten, wofür er voller Dankbarkeit ist.
Vom Kreislauf des Lebens …
Die beiden so ungleichen Tiere sind einen Sommer lang unzertrennlich. Doch am Ende des Sommers, nachdem die Zikade im Apfelbaum ihre Eier abgelegt hat, trennen sich die Wege der beiden Freunde für immer. Doch zuvor verspricht der Ochse der Zikade gut auf ihre Kinder aufzupassen, so dass diese in Frieden sterben kann.
Voller Trauer und Dankbarkeit weicht der alte Ochse nicht mehr dem Apfelbaum mit den Zikadeneiern von der Seite. Im Wechsel der Jahreszeiten und nachdem Jahr für Jahr ins Land gezogen sind, schlüpfen endlich die Kinder der kleinen Zikade aus ihren Eiern. Als die Aufgabe des Ochsen erfüllt ist, kann dieser beruhigt seine Augen schließen…
… Freundschaft, Vertrauen und Hingabe …
Das offene Ende der Parabel ist genauso rührend, wie die Freundschaft der beiden Tiere, die sich über den Tod hinaus erstreckt und voller Treue, Hingabe und Dankbarkeit ist. Bewundernswert ist nicht nur das Versprechen und die Selbstlosigkeit, mit welcher der Ochse den Nachwuchs der Zikade schützt und umsorgt, sondern auch der Mut und das Engagement dieses kleinen Insekts, dass voller Beharrlichkeit und Anstrengung alles tut, um ein anderes Tier vor einer großen Gefahr zu bewahren. Dieses unermüdliche Engagement eines nur scheinbar schwachen Lebewesens zeigt schon Kindern, dass man niemals zu klein ist, um etwas zu bewirken.
Neben der Hilfsbereitschaft und couragierten Haltung der Zikade, nicht gleich aufzugeben, gibt dieses Bilderbuch weitere Impulse, sich zusammen mit Kindern moralischen Themen und Fragestellungen zu widmen. Besonders der Zyklus des Lebens, das Vergehen und Wiedererwachen der Natur, aber auch Themen wie Zeit und Alter, Versprechen und Lebensschuld, Verantwortung und Freundschaft eignen sich für philosophische Gespräche mit Kindern.
… Engagement, Einsatz und Hilfsbereitschaft …
Auch die symbolhafte Bedeutung der als Hauptfiguren der Geschichte gewählten Tiere kann mit Kindern thematisiert werden: Während Zikaden in der Antike für ewiges Leben bzw. die Unsterblichkeit stehen, werden Ochsen mit Friedfertigkeit, Geduld und gutmütiger Beständigkeit assoziiert.
Eingebettet in großformatige Illustrationen, die in erdigen Farbtönen gehalten und sowohl zart als auch mal eindringlicher gestaltet sind, entfaltet die Geschichte eine warme Melancholie, die auch in den malerischen Bildern transportiert wird. Trotz der flächigen Umsetzung machen die Illustrationen keinen überladen Eindruck, sondern lassen durch die Stimmungen und Gefühle, die sie beim Betrachten bewirken, Raum zum Weiterdenken, -träumen und -erzählen.
Die Ruhe, die diese Geschichte in Wort und Bild vermittelt, schafft in unserer heutigen schnelllebigen Welt eine berührend friedvolle, beinahe meditative Atmosphäre, die auch eine innere Ruhe beim (Vor)Lesen und Betrachten schafft. Ein solch bezauberndes Buch kann mit seiner warmherzigen Erzählung, den poetischen Illustrationen und den einfühlsamen Werten nur ein Leseleckerbissen sein.
… handelt dieses poetische Buch, das zum Philosophieren und Träumen einlädt.
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Danke, liebes Verlagshaus Jacoby & Stuart, für dieses berührende Rezensionsexemplar – Werbung (Markennennung), unbezahlt und unbeauftragt