Elsie und das Karibu

Rentiere – in der kanadischen Variante Karibus genannt – gehören zu Weihnachten dazu, seit der Schlitten des Weihnachtsmanns von genau diesen Tieren gezogen durch die Lüfte fliegt. Doch das Karibu in diesem Kinderroman läuft (leider) nicht mehr durch nördliche Wälder oder fliegt als weihnachtlicher Helfer durch die Lüfte. Nein, es hat eine ganz andere, aber nicht minder wichtige Aufgabe: Ein Mädchen zu unterstützen, dass in einer familiären Krise steckt. Und das macht es auf eine etwas altkluge, aber dennoch sympathische, locker-leichte Weise, die uns manches Mal mehr als nur Schmunzeln lässt.

“Elsie und das Karibu” von Katja Alves und Claudia Weikert (Illustrationen). Erschienen 2024 im Beltz & Gelberg Verlag. 155 S., ab 9 Jahre.

Elsies Mama ist weg – verschwunden und niemand weiß genau wohin. Das ist zwar schon öfters passiert, allerdings immer nur für kurze Zeit. Und bisher ist Mama auch immer wieder zurück gekommen. Aber dieses Mal ist es anders, sagt Papa. Und tatsächlich kommt Mama nicht zurück. Weder Papa noch Elsies große Schwester Desiree fangen Elsie in dieser Situation richtig auf. Und auch über Mama und ihr Verschwinden wird in der Familie nicht gesprochen.

Etwa zeitgleich bekommt Elsie den ausgestopften Kopf eines kanadischen Rentiers, eines Karibus, geschenkt. Ihr Onkel Heinrich, dem er gehört hat, ist verstorben und und nachdem Onkel Jens, der dement ist, ins Heim ziehen musste, wird ihre gemeinsam Wohnung aufgelöst. Glücklicherweise landet der Karibu bei ihr, denn dieses Tier wird Elsie nicht nur ein Gesprächspartner und Ratgeber, sondern auch ein guter Freund. Ja, richtig gehört – das Karibu kann sprechen und lässt immer wieder einige kluge Ratschläge von sich hören. Auf viele Fragen von Elsie hat es eine Antwort, die es in Form von durchnummerierten Karibu-Regeln zum Besten gibt. Diese unterstützen Elsie zwar bei ihren Problemen, aber nicht immer sind die gut gemeinten Lebensweisheiten so konkret oder verständlich wie z.B. diese hier:

Dieser Karibu-Kopf an Elsies Wand…

„Manchmal macht man sich viel zu viele Sorgen und alles löst sich wie von selbst.“

Karibu-Regel 112, S. 83

Natürlich glauben Elsies Papa und ihre Schwester nicht daran, dass das Karibu mit Elsie spricht. Doch auch wenn das Karibu Elsie nicht bei der Suche nach ihrer Mutter, auf die sie sich macht, begleiten oder ihr die Mutter zurückbringen kann, ist es trotzdem für das Mädchen eine große Unterstützung und ein hilfreicher Beistand in dieser schwierigen Lebenssituation.

Dank des neunmalklugen und liebenswerten Karibus verliert Elsie bei der turbulenten Suche nach ihrer Mutter nicht den Mut, kann Rückschläge besser verkraften und auch in kleinen Momenten Glück empfinden – trotz des großen Chaos‘ um sie herum. So schafft es der magische Begleiter Elsie nicht nur zu trösten und zu motivieren, sondern auch, sie beim Reifen und der eigenen Entwicklung zu unterstützen.

Wir erfahren zwar nicht, wohin oder warum Elsies Mama verschwunden ist (was für manche beim Lesen möglicherweise frustrierend sein kann), aber dennoch gibt es für Elsie und ihre Familie ein Happy-End. Während einige Themen ganz selbstverständlich in die Geschichte eingeflochten werden (Homosexualität, Demenz, Vorurteile), steht im Vordergrund die familiäre und persönliche Krise von Elsie, die mithilfe des tierischen Kameraden abgemildert werden kann. Die Diskrepanz, dass mit Elsie einerseits nicht über das Verschwinden der Mutter gesprochen wird, ihr Vater und ihre Schwester aber andererseits sehr bemüht darum sind, ein liebevolles Umfeld zu schaffen, als Familie zusammenzuhalten und den Alltag gemeinsam zu stemmen, ist möglicherweise für Kinder von getrennten Eltern gar nicht unbekannt.

…ist ihr ein Freund und ziemlich charmant.

Die Geschichte ist zwar nicht unbeschwert, kommt trotzdem leicht und lebendig rüber – vor allem dank der überzeugenden Charaktere, allen voran Elsie, die sich, erfinderisch und lebhaft wie sie ist, nicht so schnell kleinkriegen lässt und sich auf eigene Faust auf den Weg macht, um ihre Mutter zu finden. Die schwarz-weißen Illustrationen von Claudia Weikert lockern den Fließtext für geübtere Grundschulkinder auf und verknüpfen durch die Nummern der Karibu-Regeln in Sprechblasen Text und Bild miteinander.

Dieses Buch zeigt, dass auch Kinder ernstzunehmende Sorgen haben, mit denen sie nicht allein gelassen werden sollten. Denn nicht alle Kinder haben ein ratschlägegebendes Karibu an ihrer Seite. Ein lesenswertes Buch, dass mit einem ungewöhnlichen und einmaligen Tierfreund Witz und Ungezwungenheit in die Geschichte bringt – eine wunderbare Vor- und Selbstleseempfehlung!

Das liebenswerte Rentier von Holztiger hat uns freundlicherweise die Firma Goki zur Verfügung gestellt! Ein herzliches Dank dafür – nicht nur, weil diese Spielfigur so gut zum Buch, sondern auch zur Weihnachtszeit passt!

Danke, lieber Beltz & Gelberg Verlag, für dieses schöne Rezensionsexemplar und der Firma Goki für die Bereitstellung des tollen Holztiger-Rentieres – Werbung (Markennennung), unbezahlt und unbeauftragt

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