Iris „Leseleckerbissen“ im Februar ist
„Das Mädchen mit den vier Namen“
Herzlichen Glückwunsch, Frauke Angel und Mehrdad Zaeri und Tulipan Verlag!
Jeden pro Monat prämiert jede von uns ein besonders herausragendes Buch mit dem „Leseleckerbissen“ – einer kleinen Auszeichnung, mit der wir nicht nur unsere Leser*innen, sondern auch die Autor*innen und Illustrator*innen sowie Verlage überraschen möchten. Und übrigens auch uns gegenseitig, denn keiner von uns beiden weiß vorab etwas von dem wunderbaren Buch, dass die andere sich als Leseleckerbissen des Monats ausgesucht hat.
Wir prämieren das Bilderbuch …
“Das Mädchen mit den vier Namen”, Frauke Angel und Mehrdad Zaeri, ab 4, 36 Seiten, erschienen 2023 im Tulipan Verlag
Mein Leseleckerbissen im Februar ging an Frauke Angel und Mehrdad Zaeri, weil uns beide mit ihrem neuen Bilderbuch “Das Mädchen mit den vier Namen” (erschienen bei Tulipan) tief berührt haben. Es ist eine Liebeserklärung an alle Mütter.
Auf dem Cover grinst uns ein fröhliches Mädchen an. Vermutlich das mit den vier Namen. Es gibt außerdem einen Eiswagen. Dort muss das Eis bestimmt super schmecken, so schön wie dieses kleine Eismobil aussieht. Warum das Mädchen vier Namen haben könnte, bleibt eine spannende Frage für uns.
Wir starten bei den Geschwistern Ida und Knut. Beide haben schon von dem neuen Mädchen in der Straße gehört. Da sehen sie es am Eiswagen. Ida und Knut stellen sich vor und auch das Mädchen nennt seinen Namen. Seine Namen. Luna Debora Gretel Victoria. Warum in aller Welt hat jemand so viele Namen? Ida und Knut lauschen gespannt, als Luna Debora Gretel Victoria erzählt, wie sie zu diesen vier Namen kam.
Ab diesem Zeitpunkt tauchen wir ein in eine ganz besondere Geschichte. Selten gehen Kinder- und gerade Bilderbücher auf gesellschaftliche Themen so tief und zugleich kindgerecht ein wie dieses Werk von Frauke und Mehrdad. Der Grund ist einfach: Fraukes Geschichten beruhen sehr oft auf wahren Geschichten. Kinder erzählen Frauke ihre Geschichten gerne. So wie diese hier:
Der erste Name “Luna” ist von der leiblichen Mutter – der “Bauchmutter. Sie gab ihr Neugeborenes in einer Babyklappe ab. Es war die Mondnacht, die Luna ihren Namen verlieh. “Gibt es so was wirklich?”, fragt mich mein eigenes Kind beim Vorlesen. Die einfache Antwort lautet: Ja, das gibt es. Wir lesen weiter und erfahren, dass die “Findemutter” – eine etwas älter gemalte Dame – Luna findet und ihr den Namen “Debora” gibt, denn zu diesem Zeitpunkt las sie ein Buch über eine schöne Debora.
“An die dritte Mutter kann sie sich bestimmt erinnern”, sagt mein Kind beim Vorlesen. Das könnte stimmen. Denn zu diesem Zeitpunkt ist Luna Debora schon etwas älter. Ihre “Pflegemutter” gibt ihr den Namen “Gretel”, weil sie jeden Abend Märchen vorlas.
Angekommen bei der “Herzensmutter”, hat Luna Debora Gretel ihr festes Zuhause gefunden. “Als sie mich zum ersten Mal sah, hat sie mich auf der Stelle in ihr Herz geschlossen. Und dort lässt sie mich nie wieder raus.” Sie gab ihr den Namen “Victoria”, denn das bedeutet Sieg. Das Mädchen hat die ganze Liebe ihrer “Herzensmutter” gewonnen.
Die Illustrationen von Mehrdad Zaeri sind kräftig und farbig, wie ein großer Eiswagen. Der Text voller Dialoge und Informationen belegt immer eine Spalte und lässt viel Raum für die ergänzenden Bilder, in die wir eintauchen können. Sind die Kinder gemeinsam zu sehen, so sehen wir auch einzelne Rahmen, die verschiedene Perspektiven aneinanderreihen und für einen dynamischen Eindruck sorgen. Die Illustrationen mit den vier verschiedenen Müttern sind ruhig gehalten. Sie strahlen Nähe, Geborgenheit und Liebe aus. Dies können wir förmlich fühlen.
Dinge können so einfach sein. Zwei Zöpfe, 27 Sommersprossen und vier Mütter. Dinge sind dann einfach, wenn wir sie aussprechen. Wenn wir ihnen Namen geben. Wenn wir sie ohne Ausschweifen und Verkopftes erklären. Zitroneneis. Oder doch Schokoladeneis? Und dann gibt es eben die Geschichten, die neben dem klassischen Bild von Mama, Papa, Kind entstehen und ebenso voller Liebe sein können. Und genauso wenig, wie wir vielleicht die Lieblingssorte Eis anderer kennen, genauso wenig wissen wir über ihre Herkunft. Darüber zu urteilen, steht uns nicht zu. Wir können fragen. Und vor allem können wir eines – uns gemeinsam ein Eis holen und dabei zuhören.
Genau diese Parallelität aus dem einfachen Miteinander sein, Eissessn und einander reden, ohne Vorurteile, gefällt mir sehr gut an diesem Buch. Es zeigt eine auf den ersten Blick komplexe Geschichte und für Kinder vielleicht nicht sofort nachvollziehbare Entwicklung. Aber genau dieses Form der Phantasie und der Empathie ermöglicht ihnen, den Blick über den Tellerrand und die Chance, die eigene Neugierde und Offenheit zu bewahren. Viele Erwachsene haben diese im Laufe der Zeit leider verloren. Vielleicht genauso wie die Lust auf eine kleine Kugel leckeres Eis.
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Danke Tulipan Verlag für das Rezensionsexemplar – Werbung (Markennennung), unbezahlt und unbeauftragt