Trauer kann viele Gesichter haben – sie kann wie ein Orkan toben und dich mit der Macht von Flutwellen mitreißen. Sie kann sichtbar sein und manchmal sogar Kraft geben. Und sie kann ganz leise, kaum hörbar sein. Eine Traurigkeit und Trauer, die wie ein Lufthauch oder ein Flüstern, nur zu erahnen ist.
So muss es auch der kleine Junge in der Geschichte „Größer als ein Traum“ empfinden.
„Größer als ein Traum“ von Jef Aerts und Marit Törnqvist (Illustrationen), übersetzt von Marianne Holberg. Erschienen 2013 im Verlag Freies Geistesleben. 46 S., ab 5 Jahre.
An seine Schwester, die noch vor seiner Geburt gestorben ist, hat er keine Erinnerung. Er kennt nur ihr Foto an der Wand.
„Nicht in Farbe, wie das von mir. Sondern grau mit einem gelben Glanz.“
„Größer als ein Traum“ (S. 5)
Ohne es benennen zu können spürt der kleine Junge die Trauer als einen Teil von ihm, seiner Mama und seinem Papa, deren Last er sich nicht entziehen kann. Doch eines Nachts nimmt ihn seine Schwester im Traum mit zu einem Ausflug. Der Tod, zu dem er so viele Fragen stellen möchte, vor dem er sich auch fürchtet, tritt in den Hintergrund. Denn gemeinsam mit seiner Schwester erlebt er in dieser wahrlich traumhaften Nacht ein fröhliches Abenteuer bis fast zum Mond und wieder zurück zur Erde. Zusammen gehen sie zu ihrem Grab, zu dem Krankenhaus, in dem sie lag, und wieder zurück nach Hause. Und zum ersten Mal fühlt sich der kleine Junge nicht alleine, sondern nimmt die neue Lebenslust aus seinen nächtlichen Traumerlebnissen mit in den nächsten Tag.
Die anrührenden Illustrationen, das Dunkle und Helle, den Tod und das Leben, die Realität und den Traum miteinander verknüpfen, ergänzen den Text, da sie noch etwas mehr erzählen als das, was in Worten gesagt werden kann. Sie sprechen von Verbundenheit, von großem Verlust, von Sprachlosigkeit angesichts der Trauer und Erinnerungen, die ebenso wie in dem grauen Bild auch in den Worten fehlen. Worte, die der kleine Junge nach seinem Traum endlich selber findet.
Dieses poetische Buch schafft es eine Atmosphäre der Traurigkeit herzustellen, die für den Lesenden fast spürbar ist. Ebenso spürbar wie die Traurigkeit ist aber auch die Heiterkeit während der nächtlichen Reise des Jungen zu und mit seiner Schwester, in welcher die ersten gemeinsamen Erlebnisse und Erinnerungen geschaffen werden und die dem kleinen Jungen auf tröstliche Weise neue Lebensfreude schenkt. Und aufzeigt, welches Glück Geschwister aneinander haben, das in einer fast magischen Verbindung über den Tod hinaus bestehen kann.
Warum hat uns dieses Bilderbuch überzeugt?
- Überaus fantasievoll und sensibel wird hier das Thema Tod und Trauer mit Trost und Freude verbunden in einer magischen Geschichte, die sehr zum Nachdenken und Gesprächen anregt.
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