„Ich legte den Deckel auf dem Boden ab, und erst jetzt setzte meine Konzentration wieder ein. Denn das Geräusch war nicht so wie üblich. Nicht so, wie es sein sollte. Es war viel zu still.“
Mit ihrem Buch „Die Geschichte der Bienen“ hat Maja Lunde einen spannenden Roman geschaffen, der über das Thema Bienen drei Familiengeschichten auf unterschiedlichen Zeitebenen und an verschiedenen Orten miteinander verwebt. So verbindet sie gleichzeitig die Geschichten dieser Familien, ihre zwischenmenschlichen Beziehungen und die Entwicklung einzelner Protagonisten mit sachlichem Wissen über Bienen und ihre Gefährdung.
„Die Geschichte der Bienen“ von Maja Lunde, erschienen 2015 im btb Verlag, 528 S.
Fesselnd beschreibt Lunde drei voneinander unabhängige Familiengeschichten: Während der Biologe und Samenhändler William 1852 in England nach gesundheitlichen und beruflichen Rückschlägen und inmitten von familiären Schwierigkeiten an der Idee eines neuartigen Bienenstock tüftelt, sieht sich George in den USA 2007 mit den Problemen der Weiterführung seines beruflichen Erbes, seiner Imkerei, die ihm alles bedeutet und des Bienensterbens konfrontiert. Der aufrüttelnste Blick wird einem in das Jahr 2089 in China gewährt: Bienen gibt es schon lange nicht mehr, Nahrung ist knapp, die heutigen gesellschaftlichen Strukturen nicht mehr existent. Arbeiter*innen wie Tao müssen Pflanzen von Hand bestäuben und wünschen sich nichts sehnlicher als ein besseres Leben für ihre Kinder. Die düstere Szenerie wird durch einen Unfall von Taos Sohn und den Kampf der Mutter um ihr Kind nochmals schärfer gezeichnet. Die Thematik um die Bienen, das Zusammenspiel von Bienen und Natur zum Menschen sowie die Rolle der Eltern und ihr Verhältnis zu ihren Kindern zieht sich wie ein roter Faden durch alle drei Geschichten und Schicksale und verknüpft sie miteinander.
Die Informationen über die Bienen, die ganz natürlich in den Roman über die Handlungen, Gespräche und Gedanken der Protagonisten eingebracht werden, und die im Roman zentrale Problem des Verschwindens und Sterbens der Bienen, führen den Leser*innen die Gefährdung der Bienen vor Augen und regen zum Nachdenken an. Dabei ist der Roman mit seiner fiktionalen, dystopischen Geschichte und seiner leichten Sprache keine Gesellschaftskritik, sondern eher Unterhaltungsliteratur, die das menschliche Schicksale in den Blick nimmt. Trotzdem schafft es die fiktionale Geschichte das Bienensterben und die für den Menschen daraus folgenden Konsequenzen zu beleuchtet. So wird auf das Thema auf breiter Ebene aufmerksam gemacht und zu einer Auseinandersetzung damit angeregt.
Eine mitreißende Geschichte, die einen mitnimmt auf eine Reise durch die Zeit und zu den Bienen. Die düster und hoffnungsvoll zugleich ist. Und die aufrüttelt und nachsinnen lässt – über die Natur und Bienen, unser Verhältnis dazu, unserer Zukunft und die der Erde.